14. AKWG-Tag der Wissenschaftsgeschichte „Demokratie und Expertise“ am 08.12. und 09.12.2022
Wissenschaftliche Expertise ist in demokratischen Gesellschaften der Gegenwart eine zentrale Handlungsressource und ein wichtiger Legitimationsspender für politische Entscheidungen geworden. Während demokratische Entscheidungsprozesse immer stärker von wissenschaftlicher Expertise begleitet und beeinflusst werden, Evidenzansprüche demokratische Politik also vielfach prägen, gerät genau diese Konstellation aus verschiedenen Richtungen zunehmend unter Druck: aus der Wissenschaft, in der die Konkurrenz wächst, wer als Experte Legitimation habe, um die Politik in der Demokratie zu beraten; durch politische Bewegungen wie Fridays for Future, die wissenschaftsbasierter Erkenntnis politische Priorität einräumen wollen, auch gegenüber demokratischen Entscheidungsstrukturen („Follow the Science!“); und durch politische Akteure wie die „Querdenker“, die wissenschaftliches Wissen nicht akzeptieren, sondern sich in den digitalen Gegenöffentlichkeiten auf „alternative Wahrheiten“ berufen. Zu beobachten ist so eine Pluralisierung und Politisierung von Expertise – Dynamiken also, die eng verknüpft sind mit gesellschaftlicher Polarisierung.
Die Konferenz setzt an dieser Schnittstelle an. Sie erkundet in einer historischen und interdisziplinären Perspektive, wie sich Selbstverständnisse, Praktiken und öffentliche Rollen von ExpertInnen in Demokratien seit den 1950er Jahren veränderten und wie Expertisen umgekehrt auf demokratische Normen, Strukturen, Verfahren und Praktiken einwirkten. Damit verknüpft die geplante Tagung auf produktive Weise zwei Forschungsrichtungen der Geschichtswissenschaft, die bisher in aller Regel getrennt voneinander arbeiteten: die Forschungen zu Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit einerseits sowie die neuere Demokratiegeschichte andererseits.
Die Tagung wird vom Lehrstuhl der Geschichte der Neuzeit (19.-21. Jhd.) mit ihren Wissens- und Technikkulturen ausgerichtet und von der Fritz Thyssen Stiftung gefördert.
Wir tagen am 08. & 09. Dezember in den Räumen des Historischen Instituts. Eine digitale Teilnahme über Zoom ist mit Anmeldung möglich (E-Mail-Adresse s. unten). Am Donnerstagabend (08.12., 17.30 Uhr) dürfen wir den Zeithistoriker Prof. Dr. Paul Nolte (FU Berlin) im Konzertsaal der Musikhochschule für seinen Vortrag „Volk und Philosophenkönig. Historische Schatten eines aktuellen Problems“ begrüßen.
Eine Anmeldung zur Teilnahme in Präsenz erfolgt unter: ztw@histinst.rwth-aachen.de